Die Wissenschaft zeigt: Die Gesellschaft profitiert
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Da die Auslastung der stationären Angebote im Elim seit Jahren hoch ist, kann man von einer grossen Nachfrage oder von einem eigentlichen Trend im Kanton Bern sprechen. Doch wir fragen uns: Lohnt sich ein Aufenthalt in einer Eltern-Kind-Einrichtung objektiv und wissenschaftlich nachweisbar? Wie ist es für Auftraggeber und Kostenträger? Schlussendlich für die Gesellschaft? Zwei Studien geben Aufschluss.

Die Frage muss im Sozialbereich aus verschiedenen Perspektiven betrachtet werden. Das dreifache Mandat der Sozialen Arbeit umfasst gemäss Berufskodex Soziale Arbeit Schweiz (vgl. Avenir Social, 8) für eine Eltern-Kind-Einrichtung wie das Elim:

  • den Auftrag der Eltern und deren Kinder in einer Notlage (Hilfe für die Zielgruppe). 
  • den Auftrag der Gesellschaft bzw. der Schweiz als Staat und dem Kanton Bern (Finanzierung, Kontrolle durch Aufsicht).
  • den Auftrag der Sozialen Arbeit (Fachlichkeit). 

Mittels einer Social Return on Investment (SROI)-Analyse zeigen Burger, Bogorin, Rauscher und Schober von der Universität Wien in einer Studie aus dem Jahr 2017 einen sehr hohen gesellschaftlichen und ökonomischen Mehrwert von Mutter-Kind-Einrichtungen auf. Jeder investierte Euro in eine der untersuchten Mutter-Kind-Einrichtungen ergibt «Wirkungen im monetarisierten Gegenwert von 5,11 Euro» (Burger et al, 2017, 79). Diese teilen sich wie folgt auf:  

Gemäss dem Studienleiter Dr. Christian Grünhaus (ehem. Schober) sind die Ergebnisse auf ähnliche Einrichtungen übertragbar, also auch auf eine Eltern-Kind-Einrichtung wie das Elim. Die Berechnungen seien konservativ eingeschätzt. Kurzfristig (bezogen auf ein Jahr) sei die Wirkung um ein Fünffaches, langfristig (je nach Wirkung zwischen 3 Jahren oder bis zum 18. Lebensjahr eines Kindes) um mehr als ein Zwanzigfaches höher. Im präventiven Bereich sei der Mehrwert deutlich höher, wie Grünhaus in Studien nachweisen konnte. Unabhängig von der Höhe der monetären Ergebnisse bietet sich ein Umdenken bei der Betrachtung der Kosten von Mutter-Kind-Einrichtungen an, indem die Fixierung auf den kurzfristigen, finanziellen Aufwand einer Perspektive des gesellschaftlichen nachhaltigen Mehrwerts weichen muss. Es geht somit um die Lebensqualität einer Gesellschaft. Sprich: Wenn ein Kind nicht platziert werden muss aufgrund einer Notlage (oft bis 18-jährig) und dafür in einer Eltern-Kind-Einrichtung sowohl das Kindswohl geschützt als auch die Elternkompetenzen gefördert werden können, profitieren gemäss der Studie alle. Die von den Kostenträgern investierten Kostgelder zahlen sich mindestens fünffach aus. Dies gibt der für die Eltern-Kind-Begleitung zuständigen kantonalen Stelle (Kantonales Jugendamt) und den Leistungsbestellern (wie KESB, Sozialdienst) eine grosse Verantwortung, nicht nur für die betroffenen Personen, sondern auch finanziell. In welchem Bereich Plätze bewilligt und finanziert werden, ist somit nicht nur eine Frage des Angebots und der Nachfrage, sondern auch der Indikation und Dauer der Investition. 

In einer Studie aus dem Jahr 2017 der Zürcher Hochschule für Angewandte Wissenschaften ZHAW unterscheiden Gabriel, Keller, Bombach, Stohler und Ibrahimi Wirkungen auf Institutions- und Fallebene. Bei der Ergebnisqualität halten sie fest, dass in Befragungen von Müttern kurz nach Eintritt und kurz vor Austritt aus einer Mutter-Kind-Einrichtung physische und psychische Stress- und Belastungssituationen deutlich verringert werden. Bei vielen Müttern ist eine Verbesserung des Kontakts zum Vater sichtbar. Die Mütter fühlen sich nach dem Aufenthalt in ihren Erziehungskompetenzen sicherer. Die Studie zeigt, dass Mutter und Kind vom Aufenthalt nachweislich profitieren können. 

Für die Mütter herausfordernd ist gemäss Gabriel et al (2017) oft die Phase des Austritts und der Übergang in den neuen Alltag nach dem stationären Setting. Hier stellt sich für mich die fachliche Frage, wie dieser Übergang professionell gestaltet und begleitet werden kann. Das Elim bietet in dieser Übergangsphase Nachberatung oder Sozialpädagogische Familienbegleitung (SPF) an. 

Gabriel et al (2017) beschreiben acht Herausforderungen, mit denen eine Mutter-Kind-Einrichtung konzeptionell und praktisch umgehen können muss. Daran werde die Qualität des Angebots sichtbar. Dazu gehören zum Beispiel die doppelte Anspruchsgruppe Kind und Mutter, der Umgang mit Widerstand, Krisen und Rückfällen oder emotionales Involviertsein der Mitarbeitenden.   

Zusammenfassend sieht Grünhaus einen gesellschaftlichen Mehrwert, indem ein Fundament geschaffen wird, damit die Gesellschaft erfolgreich sein kann. Falls Angebote wie das Elim fehlen, würden Ressourcen anders gebunden, zum Beispiel in langfristigen Platzierungen von Kindern ohne Eltern oder in Personen, die dies privat im familiären Rahmen auffangen müssten. Grünhaus fordert deshalb, dass nicht nur die Kosten für die Einrichtungen gesehen werden, sondern das ganze Bild mit Mehrwert für die Betroffenen und die Gesellschaft. Die holistische Bewertung des Nutzens von Eltern-Kind-Einrichtungen ergibt aus seiner Sicht ein klares «weiter so!». 

Für mich weniger erstaunlich sind die in beiden Studien präsentierten positiven Wirkungen für Kinder und deren Eltern. Dies ist auch in den Berichten in diesem Magazin von Müttern individuell sichtbar und sehr ermutigend. Wenn Eltern in Notlagen Unterstützung erhalten und die Elternkompetenzen gestärkt werden, kann das Wohl des Kindes nachhaltig geschützt werden und das Kind muss nicht fremdplatziert werden. 

Bezogen auf die Zukunft stellt sich zusammenfassend die Frage zum Trend der Eltern-Kind-Einrichtungen: Welche Schlüsse können wir aus der Tatsache der hohen Auslastung einerseits und den fachlichen, finanziellen und gesellschaftlich positiven Effekten andererseits ziehen? 

Das Elim lohnt sich 

• für Eltern und deren Kinder, da in den Schutz ihrer Würde, ihres Wohls, ihrer Biografie und Bindung investiert wird.   

• für die Gesellschaft durch qualitative und sogar monetäre Effekte. 

Weiter so!

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